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EventWerker Treffen im Bootshaus Ruhr Atoll: Podiumsdiskussion zu Sicherheit bei Veranstaltungen!

Von Katharina Stein 27.9.2010 ~9 Minuten Lesezeit

Leider musste erst eine Katastrophe passieren, bevor Veranstalter von Events aufwachen und auf die Thematik Sicherheit bei Veranstaltungen aufmerksam werden – hört man aktuell viele in der Eventbranche sagen. Egal welcher Meinung man bezüglicher dieser Aussage ist, eines lässt sich eindeutig feststellen: über den aktuellen Stand, den Weiterbildungsbedarf und das Bewusstsein für Sicherheit bei Events ist lange nicht mehr so viel gesprochen worden, wenn überhaupt. Ein guter Zeitpunkt um das Thema aktiv anzugehen und das Bewusststein dafür zu sensibilisieren!

Das dachten sich auch die EventWerker Metropole Ruhr und haben zusammen mit Wolf Rübner beim letzten EventWerker Treffen am 21.9.2010 im Bootshaus Ruhr-Atoll eine Podiumsdiskussion zu diesem wichtigen Thema angeregt. Im Gespräch waren Wolfgang Kirschniok, Technischer Leiter der KöPi-Arena, Sven Mölleken, Geschäftsführer Four Visions Veranstaltungstechnik, Ulrich Thiemann, Daidalos – Event & Medien und Bela Königes, Meister für Veranstaltungstechnik. Moderiert wurde die Runde von Wolf Rübner.

Hier eine Zusammenfassung der angesprochenen Themen bei der Podiumsdiskussion „Sicherheit bei Veranstaltungen“:

Ausbildungsdefizite im Bereich Sicherheit und Versammlungsstättenverordnung

Gerade für die Zukunft ist es wichtig, dass der Nachwuchs brauchbares und anwendbares Wissen mit auf den Weg bekommt. Jedoch scheint es gerade da Probleme zu geben. Als Mitglied des IHK-Prüfungsausschusses kann Sven Mölleken aus Erfahrung sagen, dass das Thema Versammlungsstättenverordnung ein KO-Thema ist: „Wenn ich da weiter nachfragen würde, würde kaum einer bestehen“. Im Lehrplan findet sich nur ein kleiner und nicht sehr intensiv behandelter Teil für Sicherheit.

Auszubildende Veranstaltungstechniker sind dagegen allgemein für den Themenbereich besser vorbereitet, wahrscheinlich weil es thematisch einfach auch näher beieinander liegt. Doch auch hier war der Stand vor 10 Jahren noch ein anderer, ergänzt Wolfgang Kirschniok. Das Bewusstsein für Sicherheit als Ausbildungsthema hat sich auch unter den Techniker erst in den letzten 4-5 Jahren entwickelt.

Veranstaltungskaufleute müssen heute nach wie vor vieles leider erst in der Praxis lernen und darauf hoffen, dass sie einen fähigen Ausbilder finden. „Man ist in der Ausbildung aber auch nie alleine. Die Seniors haben die Verantwortung, haben zumeist auch genug Erfahrung und können diese an die jungen Eventler weitergeben“, stellt Ulrich Thiemann fest. Ob das in der Realität wirklich so zutrifft, hat das Publikum, in dem sich auch die angesprochenen Auszubildenden befanden, zum Teil doch bezweifelt.

Kostendruck vs. Sicherheit – zwischen Kunde und Auftrag

Nicht selten entsteht ein Konflikt zwischen dem Kunden und Projektleiter des Events. Da stoßen finanzielles Budget, Kundenziele, Zeit- und Kostendruck, behördliche Auflagen und der Anspruch an Sicherheit oft aufeinander. Aufgrund falscher oder zu kurzfristiger Planung müssen Veranstalter sich nicht selten gegen Kunden durchsetzen um ein gewisses Maß an Sicherheit garantieren zu können, so Ulrich Thiemann aus eigener Erfahrung. Zusätzliche Kosten sind da natürlich nicht gern gesehen, aber da er bereits miterleben musste wie ein Techniker von einem Lautsprecher erschlagen wurde, geht er da keine falschen Kompromisse ein. „Der Kunde will viel, da muss man eine Grenze finden und auch setzen!“

Sven Mölleken kennt diese Problematik auch in Bezug auf die nötigen Behördengänge. Nicht selten fragt der Kunde widerwillig zwei- oder dreimal, ob man denn wirklich zum Bauordnungsamt müsste? Sich um die Sicherheit bei einem Event zu kümmern bedeutet für viele in erster Linie unliebsamer Aufwand und Kosten, die gerne wenn möglich umgangen werden.

Bewusstsein für Sicherheit – mehr Glück als Verstand

Den Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“ hat Sven Mölleken schon oft gehört. Viele Vorgehensweisen werden einfach weitergegeben ohne sie zu hinterfragen oder sich regelmäßig bezüglich neuer gesetzlicher Auflagen zu informieren. Bisher hatten viele Veranstalter und Eventler viel Glück – auch die Anwesenden wundern sich, sind aber natürlich auch sehr froh darüber, dass sie bislang keine wirklich großen Vorfälle miterleben mussten. Das Schema F funktioniert aber nicht immer, warnt Bela Königes, man muss mit offenen Augen und individuell arbeiten und reagieren. Gerade bei Events laufen Dinge kurzfristig schon mal anders ab als geplant.

Unstimmigkeiten mit den Behörden – zwischen Inkompetenz und Eigennutz

Ein nicht geringeres Problem ist der Umgang mit den zuständigen Behörden. Sowohl seitens der Agenturen, Eventler und Kunden, die oft nicht genau wissen was sie alles von den Behörden abnehmen lassen müssen. Aber auch seitens der Behörden, die auf falsche Einreichungen oder Probleme nicht hinweisen. Sven Mölleken berichtete über einen Fall bei dem er einen Bestuhlungsplan für eine Veranstaltung zur Abnahme beim Bauamt einreichte. Erst nach der Abnahme der Behörde erfuhr er auf eigene Initiative hin, dass nur ein Architekt befugt sei einen solchen Bestuhlungsplan einzureichen. Die Behörde hatte ihn weder darauf hingewiesen noch etwas bemängelt!

Den zuständigen Behörden fehlt es oft selbst an fachkundigem Personal, fasst Wolf Rübner an dieser Stelle zusammen. Ein Problem das anscheinend viele Eventler kennen, denn die Aussagen regten einige Stimmen im Publikum an: „Die Städte sind oft schlampig“, „Die wissen oft selbst nicht über gesetzliche Vorschriften oder den richtigen Umgang Bescheid!“

Ein weiteres Beispiel dafür, dass Behörden Vorschriften bei städtischen oder für die Stadt bedeutenden Veranstaltungen auch gerne mal übersehen/übergehen, schilderte Bela Königes. Beim Weltjugendtag, als der Papst zu Besuch war, hatte er selbst erlebt wie zuständige Behörden u.a. auf Bühnenabsperrungen und Sicherheitsvorkehrungen bei Konzerten mit mehr als 6000 Besuchern verzichten wollten. Begründung war in dem Fall, dass es doch friedliche Menschen seien und es in dem Fall „etwas anderes“ sei. Dass Menschenmassen unabhängig von ihren Gemütern – friedlich oder aggressiv – gegebenenfalls nicht kontrollierbar sind, wird selbst von manchen für die Sicherheit zuständigen Behörden unterschätzt oder aus eigennützigen Gründen einfach ausgeblendet.

Lösungen zur Förderung des Qualitätsbewusstseins für Sicherheit bei Veranstaltungen?

Die Aufdeckung der Probleme ist eine Sache, die Optimierung des Zustandes eine andere! Wie kann man denn nun das Bewusstsein für Sicherheit bei Events fördern, die Situation verbessern, fragt Wolf Rübner.

Bela Königes sieht die Ausübung von Druck als eine Möglichkeit. Gerade bei größeren Events verteilt sich die Verantwortung auf viele Personen und die Zusammenhänge wer für was zuständig war, sind im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbar. Der Projektleiter als Verantwortlicher sollte ein Protokoll über die Vorgänge und zuständigen Personen während der Planung und Umsetzung führen müssen. Dieses kann dann bei Problemen vorgelegt und die Sachlage klar nachvollzogen werden. Auf das alleinige Bewusstsein der Eventler, Behörden und Kunden kann man sich da nicht verlassen. Dem Projektleiter muss die Verantwortung klar sein!

Eine andere Idee ist ein geplanter dreitägiger „Crash-Kurs“ für sachkundige Aufsichtspersonen. Im Rahmen der Versammlungsstättenverordnung ist ab einer bestimmten Größe des Events eine sogenannte sachkundige Aufsichtsperson vorgeschrieben. Um mehr Personen für diese Position zu schulen, wurde von den Ämtern ein (verpflichtendes) dreitägiges Seminar vorgeschlagen.

Wolfgang Kirschniok bezweifelt jedoch, dass ein einmaliger und dreitägiger Kursus ausreichend ist um das umfangreiche Wissen bei Sicherheitsthemen vermitteln zu können. Ein langjährig erfahrener Senior sollte sich bei diesem Thema bereits gut auskennen und für einen Anfänger reichen drei Tage wiederum nicht aus. „Wer vertraut da jemandem, der einen dreitägigen Kurs gemacht hat?“

Bela Königes wendet jedoch ein, dass dieser Vorschlag für kleinere und nicht „professionell“ organisierte Veranstaltungen gedacht sei. Zum Beispiel für die Weihnachtsfeier im Kindergarten auf 50qm Fläche. Nach Versammlungsstättenverordnung muss dort bereits eine sachkundige Aufsichtsperson vor Ort sein. Um bei solchen kleinen Veranstaltungen teures, fachkundiges Personal zu vermeiden, hat man diesen dreitägigen Kurs angedacht.

Auch wenn der vorgeschlagene Crash-Kurs generell auf Zustimmung traf, scheint die passende Lösung um das Bewusstsein für Sicherheit oder die Verpflichtungen für die Sicherheit bei Events Sorge zu tragen, noch nicht endgültig gefunden zu sein!

Die größten Gefahrenpunkte und Risikofaktoren

Es gibt eine Vielzahl verschiedener Sicherheitsrisiken bei Events – zum Abschluss fragt Wolf Rübner nach den aus Sicht der Diskussionspartner größten Risikofaktoren bei Veranstaltungen.

Wolfgang Kirschniok sieht in der Überfüllung einen der größten Risikofaktoren. Nicht nur weil die Überfüllung schnell zum Verlust der Kontrolle führt, sondern auch da gerade die Überfüllung eine recht oft gesehene, fast gängige und unterschätzte Problematik bei Veranstaltungen ist.

„Die mangelnde Aufmerksamkeit!“ sagt Sven Mölleken. Häufig müssen Sicherheitsthemen neben den für das Event passenden Raumkonzepten hinten an stehen. Wenn der Feuerlöscher an einer Stelle im Raum nicht passt, wird er einfach weg gestellt, fehlt der Platz um restliche Stühle zu verstauen, ist der Notausgang gern genutzter Abstellraum. Sicherheit und notwendige Vorkehrungen werden einfach ignoriert, übersehen und unterschätzt. Das darf nicht sein und an dieser Stelle muss es Personen geben, die klar und deutlich sagen, dass das nicht geht und sich durchsetzen.

Für Ulrich Thiemann fängt das Thema im Kopf an. Duisburg hat uns wachgerüttelt und nun für das Thema sensibilisiert. Jeder einzelne Beteiligte muss sich der Gefahr bewusst sein, das Thema ernst nehmen und seinem Kunden gegebenenfalls auch Paroli bieten.

Die Regeln wie man die Sicherheit bei Events gewährleistet, stehen fest, so Bela Königes. Es gibt klare Richtlinien an die man sich halten muss. Jedoch wird die Verantwortung zur Einhaltung dieser Regeln in der Veranstaltungsstruktur zerstreut. Es gibt verschiedene Zuständigkeiten und jeder kümmert sich um seine Bereiche. Wenn man ein Problem entdeckt, das nicht zum eigenen Verantwortungsbereich gehört, schaut man dann weg? Die Abstimmung zwischen den einzelnen Bereichen muss vorhanden sein, man muss zusammen arbeiten und vernünftig kommunizieren!

Ein spannendes, wichtiges und an den Reaktionen des Publikums gemessen, auch sehr bewegendes Diskussionsthema in der Eventbranche! Vielleicht auch für Sie? Was haben Sie bei dem Thema Sicherheit bei Veranstaltungen bereits erlebt, welche Hürden kennen Sie oder wie könnte man das Bewusstsein für die Thematik fördern?

Weitere Fotos des EventWerker Treffens Metropole Ruhr gibt es in unserem flickr Stream!
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