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kogag – Aufstieg und Fall einer großen Agentur

Von Wolf Rübner 7.11.2011 ~5 Minuten Lesezeit

Nein, dies ist kein Nachruf auf kogag, denn die Wiederbelebungsversuche sind ja angelaufen. Nein, bei der Nachricht vom vorläufigen Niedergang dieser einst großen und stolzen Agentur kann man nicht zur Tagesordnung übergehen.

Ein Kommentar von Wolf Rübner, 1990 bis 2000 Mitglied der kogag Geschäftsleitung

Die kogag ist seit gut 40 Jahren eine markt-prägende Agentur und über viele Jahre ein unumschränkter Marktführer gewesen. So etwas wie das ‚Imperium Romanum‘ unter den Event-Agenturen, ein Fels von einem Unternehmen, vor Kraft strotzend, mit Wucht und Dynamik. Gegründet vom Vollblut-Unternehmer Peter Bremshey und dem ‚Gentleman‘, Ralf Domning, dem ruhenden Gegenpol. Sie schufen ein Unternehmen mit starken Werten wie hohe Kundenorientierung, Liebe zum Detail, Perfektion und einer außergewöhnlichen Dienstleistungsmentalität. Sie bauten auf Team-Geist als das noch nicht zu den Selbstverständlichkeiten gehörte. Sie übertrugen Mitarbeitern Verantwortung und waren als gelernte Hoteliers auch kluge Kaufleute. Sorgfältiges Abwägen von Entscheidungen und solides Wirtschaften gehörten zu den Erfolgsfaktoren.

Nach und nach versammelten die beiden Kapitäne eine Mannschaft von qualitäts-besessenen Event- und Incentive-Experten um sich. Die kogag erarbeitete sich einen Ruf wie Donnerhall, wenn es um Zuverlässigkeit, erfolgreiche Veranstaltungen und scheinbar unmögliche Aufgaben ging. Und – Erfolg zieht Erfolg an: die Agentur war ein Magnet für Kunden und potentielle Mitarbeiter.

kogag auf dem Höhepunkt: das Menetekel

Im Frühjahr 2000 hielt der Unternehmensberater Dieter Heitsch vor Führungskräften der kogag einen bemerkenswerten Vortrag mit dem Titel „Die kogag muß ihren Erfolg überleben!“. Der Weckruf erfolgte zu einer Zeit als man sich auf dem Höhepunkt der Macht und Ausdehnung befand. Ca. 200 festangestellte Mitarbeiter an den Standorten Solingen, Berlin und München. Ein großzügiger Erweiterungsbau stand kurz vor der Vollendung. Der Himmel stand weit offen…

Die Warnung fiel nicht auf fruchtbaren Boden, denn sie stand im größtmöglichen Kontrast zur damaligen Situation des Unternehmens. Es bewahrheitete sich in den nächsten 11 Jahren aber auch der geflügelte Satz die größten Fehler macht man in Zeiten des größten Erfolges. Es liegt wohl in der Natur des Menschen, übermütig zu werden, sich selbst zu überschätzen und im wahrsten Sinne des Wortes „betriebsblind“ zu werden. Hausgemachte Probleme, Management-Fehler und konjunkturell bedingte Umsatzdellen begannen ihr zersetzendes Werk…..

Das Erdbeben

Das „Erdbeben“ ereignete sich weit entfernt von Solingen in New York am 11. September 2001, was in der Folge nicht nur die guten Margen der Agenturen und Dienstleister für immer zerstörte, sondern auch zum ersten großen personellen Aderlass der kogag führte. Freiwillige und unfreiwillige Abgänge von Leistungsträgern und Führungskräften veränderten unmerklich und schleichend die einzigartige Unternehmenskultur. Die verschworene Gemeinschaft in der Führung und in den Teams bekam Lücken und Risse. Das Nach-beben ereignete sich beim Ausscheiden von Peter Bremshey als Geschäftsführer und Gesellschafter im Jahre 2003.
Im Moment der größten Umsatz- und Ertragsbelastung entstand mit dem Erweiterungsbau ein enormer Fixkostenblock, der in der Folge wie ein Mühlstein um den Hals der kogag hing. Auch psychologisch waren die Leerstände im Anbau ein mulmiger Anblick.

Der Wettbewerb wurde intensiver, auch durch das Überangebot an Agenturen, das bis heute fortbesteht. Die Bandagen wurden härter durch die Einkaufsabteilungen der Unternehmen, die zunehmend auf den Plan traten. Insgesamt ist ein unfairer Umgang mit Agenturen zu beobachten. „Spielchen“ und Machtspiele sind an der Tagesordnung. Absurde Pitches und Preis-Diktate schwächen die Agentur-Position, sie sind ganz leicht erpressbar. Die kogag ist schließlich nicht die erste prominente Agentur-Insolvenz.

Die Katastrophe

Die wirtschaftliche Krise der Jahre 2008/2009 hinterließ in den Bilanzen von Agenturen und Event-Dienstleistern tiefe Spuren. Viele kämpften ums Überleben, einige schafften es nicht ans rettende Ufer. Reserven wurde aufgezehrt, gute Mitarbeiter wurden entlassen und in die Freiberuflichkeit gezwungen. Kurzarbeit in Event-Agenturen, das hätte sich beim besten Willen niemand vorstellen können. Der Substanzverlust der kogag setzte sich fort, auch durch…

Foulspiel und strategische Fehler

In der Agenturwelt sind Zellteilungen üblich, d.h. Leistungsträger machen sich mit einer eigenen Agentur selbständig und nehmen Kunden mit. Das passierte in den Jahren ab 2002 bei der kogag allerdings recht häufig und obendrein wurden auch noch fähige Mitarbeiter abgeworben. Die einsetzende gewaltige Fluktuation von Mitarbeitern verkraftet kein Unternehmen der Welt, denn sie bedeutet Verlust von Produktivität, von Geld, Qualität und Stabilität.

Die Statik der kogag, des sozialen Organismus, war beschädigt, auch wenn das nicht augenfällig war. Im Mannschaftssport erlebt man es häufiger, dass ein Team von einer Saison auf die andere seine Leistungsfähigkeit einbüßt, obwohl es fast die gleichen Spieler sind. Ähnliches gilt für den Trainer – es gibt Leistungseinbrüche und -explosionen durch einen Trainerwechsel. Die kogag hatte in den Jahren ab 2002 wohl auch nicht mehr das richtige Trainer-Team.

Strategische Versäumnisse lagen ganz sicher darin, dass die großen Trends der Branche (Spezialisierung, Internationalisierung, Social Media, Green Events) verschlafen wurden. Die kogag ist heute eine Agentur ohne Profil. Wofür steht die Marke? Die Tugenden der Vergangenheit genügen allein nicht mehr. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Als Außenstehender hat man den Eindruck, dass die kogag in den letzten Jahren mehr verwaltet als gemanagt wurde.

An dieser Stelle kann natürlich keine erschöpfende Ursachenanalyse betrieben werden, dafür fehlt es auch an zeitnahen Insider-Kenntnissen.

Eine Kaderschmiede der Nation

Was bleibt von der kogag? In jedem Fall hunderte von excellent ausgebildeten Event-Profis, die in ganz Deutschland verstreut arbeiten: in eigenen oder fremden Agenturen, bei Unternehmen und Event-Dienstleistern, als Freelancer oder als selbständige Berater. Wer kogag als längere Station in seinem Lebenslauf stehen hat, profitiert von diesem Ruf und hat gelernt, auf höchstem Niveau Veranstaltungen zu konzipieren und zu steuern.

Der kogag ist zu wünschen, dass sie wie der Vogel Phönix der Asche entsteigt.

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