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Famab Treffen zur Mitarbeiter-Generation Y – überraschend viel Verständnis & wenige Kontroversen

Von Katharina Stein 16.10.2013 ~13 Minuten Lesezeit

Der Famab hat zur Diskussion zum Thema Generation Y geladen und es sind knapp 15 Vertreter der Arbeitgeber, der Studenten und (nur wenige) Young Professionals gekommen. Doch entgegen der häufig kontroversen Diskussionen, dominierte in Düsseldorf Konsens und gegenseitiges Verständnis.

Wahrscheinlich liegt es in der Natur der Sache, dass sich gerade diejenigen für eine Diskussion öffnen, die sich auch bereits im Arbeitsalltag dafür geöffnet haben. Die „schwarzen Schafe“ werden sich bei solch einer Diskussion nur ungern zu Erkennen geben oder den Dialog suchen. Der sehr konstruktiven Diskussion war das sicher zuträglich, dem Thema und der Problematik an sich wahrscheinlich weniger. So ging man am Ende zufrieden, aber auch ein bisschen ratlos nach Hause. Und was nun? Besteht gar kein Problem zwischen der Generation Y und den Arbeitgebern? Ich persönlich denke schon, dass es da Probleme gibt. Eine klare Antwort kann ich nach dem Famab Treffen aber leider nicht geben. Aber zumindest habe ich gesehen, dass es Arbeitgeber gibt, die sich bereits mehr oder weniger geöffnet haben. Andererseits gibt es auch junge Mitarbeiter die selbstkritisch sind, Fehler eingestehen sowie kompromissfähig sind. Ein insgesamt positiver Eindruck, der aber wahrscheinlich nicht repräsentativ ist.

Positiv hervozuheben ist, dass der Famab sich sichtlich um möglichst viele verschiedene Positionen und Vertreter bemüht hat. Mehrere Blickwinkel, Denkweisen und Erfahrungen sind an dieser Stelle natürlich sehr wichtig. Jedoch war im Nachhinein betrachtet eine besonders wichtige Gruppierung unterrepräsentiert oder eigentlich gar nicht vorhanden: Agentur-Mitarbeiter der Generation Y, die bereits mehrere Jahre Berufserfahrung auch in größeren Agenturen haben. Denn ihre Erfahrungen und Einblicke in die Agenturrealität sind wahrscheinlich am aussagekräftigsten.

Nichtsdetotrotz wurden einige interessante Punkte angesprochen. Im Folgenden eine grobe und personenunabhängige Zusammenfassung der Meinungen und Aussagen.

Die Studenten der Generation Y stellen sich sehr selbstkritisch dar

Die junge und vornehmlich studentische Generation Y hat sich beim Famab Treffen überraschend ehrlich und selbstkritisch dargestellt. Selbst in einer einleitenden, kritischen Beschreibung der Generation Y, bei der ich mich sofort an alle Vorurteile erinnert fühlte, aber nicht an eine sachliche Definition, fanden sie sich wieder. Kritikpunkten der Arbeitgeberpositionen wurde auch nur selten widersprochen. Die junge Generation Y gibt zu etwas überheblich zu wirken, eher egozentrisch zu sein und sogar über eine schlechte Allgemeinbildung zu verfügen. Für mich etwas überraschend, dass hier so schnell „nachgegeben“ wurde. Andererseits finde ich die Ehrlichkeit sehr löblich.

Der größte Kritikpunkt der Studenten ist die unfaire und schlechte Bezahlung

Leider gab es nur wenige konkrete Forderungen oder Kritikpunkte, die die Generation Y eingebracht hat. Lediglich ein Aspekt war zurecht Thema: die schlechten Einstiegskonditionen für den Agenturnachwuchs. So wurde beispielhaft von Erfahrungen berichtet, in denen für eine Vollzeit-Tätigkeit 800 Euro angeboten wurden. Jedoch stieß diese Kritik auf keinen Widerstand der Arbeitgeber. „Die Einstiegsgehälter sind eine Katastrophe“, so eine Arbeitgeberaussage. Dass so etwas nicht sein darf, haben auch die Arbeitgeber deutlich bestätigt. Doch wir wissen alle, dass das in der Realität anders aussieht!

Wie ist diese Generation Y und was unterscheidet sie?

Allgemein ist es schwer zu sagen, was die Generation Y konkret unterscheidet. Durch die vielen Optionen, die sie privat sowie beruflich hat, ist sie sehr heterogen. Doch vielleicht ist genau das der Unterschied: sie hat die Optionen und Möglichkeiten, von denen ihre Eltern nur geträumt haben. Die Wünsche und Vorstellungen unterscheiden sich in Teilen vielleicht gar nicht so sehr. Wer will nicht einen erfüllten Job und einen netten Chef haben? Aber die Bedingungen und die Möglichkeiten Träume tatsächlich ausleben zu können, bilden andere Rahmenbedingungen – und führen letztendlich auch zu anderen Herangehensweisen, Charakteren und Forderungen, die ältere Generationen so erst mal nicht kennen oder verstehen.

Die Generation X ist noch mit einem gewissen Sicherheitsbedürfnis aufgewachsen. Sie empfand Jobs, die in erster Linie langfristig Sicherheit boten, als attraktiv. Daher sind sie vielleicht auch „bravere“ Mitarbeiter gewohnt. Ein gewisses Maß an Sicherheit hat aber heute fast jeder. Jetzt haben junge Menschen tatsächlich die Möglichkeit etwas zu tun, das ihnen Spaß macht, das ihren Werten und Vorstellungen entspricht. Oder anders gesagt, sie haben keine Lust auf Dinge, die ihren Werten und Wünschen nicht entsprechen und werden genau in diesem Moment für viele Arbeitgeber unbequem. Das führt einerseits dazu, dass die Arbeitgeber den Eindruck haben, die „Leidensfähigkeit“ der Mitarbeiter würde abnehmen. Andererseits führt es aber auch dazu, dass sich Mitarbeiter mit dem Job identifizieren und richtig reinhängen, wenn er ihnen das bietet, was sie sich wünschen.

Diese vielen Optionen, die man als Generation Y hat, führen aber nicht selten auch zu Überforderung und Stress. Wer sich nur für einen Weg entscheidet, verpasst womöglich etwas, hat bei Facebook nicht jede Woche etwas Spannendes zu erzählen ;) Früher profilierte man sich über ein dickes Auto, heute über Erlebnisse und Aktivitäten. Mit Mitte 20 hat man heute schon zwei Start-Ups gegründet, war ein halbes Jahr im Ausland und hat sich ehrenamtlich für Kinder engagiert, zwei Studiengänge abgeschlossen, mehrere Pokale im Windsurfen und in einer Kochshow im Fernsehen gewonnen. Etwas überspitzt ;), aber die Richtung sollte klar geworden sein. So probiert man im schlechtesten Fall alles irgendwie aus, macht aber nichts richtig. Und so passiert es dann auch, dass Studenten mit zunächst unglaublich vielen Referenzen in den Beruf einsteigen und eigentlich noch nichts können.

Man muss an dieser Stelle aber auch ergänzen, dass Arbeitgeber häufig genau so einen Lebenslauf fordern, wenn man mal in die Stellenanzeigen für Young Professionals reinschaut! Hier fördern Arbeitgeber genau die Eigenschaften, die sie nicht selten selbst kritisieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Generation Y ist die Transparenz und das „Mitmachnetz“ – die mit dem Internet in den Alltag eingezogen sind und sich mittlerweile auch in den Menschen und der Gesellschaft widerspiegeln. Über Gehälter wird beispielsweise offen geredet, im Internet lassen sich Vergleichszahlen finden. Das prägt ein gesteigertes Bedürfnis nach Gerechtigkeit und Beteiligung. Fast überall kann man mittlerweile mitmachen, über Werbekampagnen mitentscheiden, Ideen einreichen. Das Marketing hat das Mitmachen als Treiber für Motivation und Bindung bereits für sich entdeckt. Arbeitgeber noch lange nicht. Wenn ich eine Idee habe, um meinen Arbeitsplatz zu verbessern, werde ich von meinem Chef nicht selten belächelt, mit einem „Ja ja“ abgespeist und wieder an die Arbeit geschickt. Von Transparenz mal ganz zu schweigen. Das frustriert in einer Welt, in der ich gefühlt fast überall Einblicke habe und zum aktiven Mitmachen aufgefordert und erzogen werde – aber dort wo ich den Großteil meines Lebens verbringen nicht! Absurd irgendwie.

Berufsvorstellungen der Generation Y

Aus den vielen Möglichkeiten, dem Wohlstand und der Transparenz entstehen dann am Ende auch andere Vorstellungen von einem erfüllten Beruf. Waren unsere Väter oft noch Workaholics (gerade in den Manager-Berufen) haben täglich bis in die Nacht gearbeitet, die Familie eher selten gesehen, Freunde fast gar nicht mehr gehabt, so ist den jüngeren Managern wichtig sich selbst zu verwirklichen und das eigene Privatleben neben dem Job zu pflegen. Man arbeitet nicht, weil man muss, sondern weil man will. Arbeit ist genauso ein Erlebnis, wie die Überquerung der Alpen mit dem Fahrrad – man verwirklicht und definiert sich darüber. Früher meinte man sich auch zwischen Karriere und Privatleben entscheiden zu müssen, heute steht außer Frage, dass man beides möchte. Schließlich ist es sowieso nicht wirklich trennbar aus Sicht der Generation Y, Beruf und Privatleben sind ein Ganzes: mein Leben! Dieser Generation wurde von Kindheit an gesagt, dass sie alle Möglichkeiten hat, und nun soll sie sich nur für eines entscheiden? Nö! ;) Abgesehen davon bin ich überzeugt, dass das auch geht. Es ist nur eine andere Karriere als die, die die Generation X meint. Es bedarf anderer Arbeitsbedingungen als es die Generation X gewohnt ist. Im Zweifelsfall hat man auch keine Probleme auf die „große Karriere“ zu verzichten, wenn man dafür noch Freunde hat und nicht nur noch im Büro lebt.

Generation X sollte sich öffnen – nur weil sie etwas nicht erlebt hat, heißt es nicht, dass es nicht geht

Ältere (Manager-)Generationen denken an dieser Stelle wahrscheinlich, dass die Vorstellungen der Generation Y naive Unwissenheit und Träumerei sei. Genau an dieser Stelle formuliere ich meine Forderung an die älteren Generationen. Ihr denkt wir seien arrogant? Ich finde es ebenfalls arrogant, zu behaupten, ihr wüsstest alles und auch noch besser ;) Ich wünsche mir von den älteren Generationen, dass sie mehr Offenheit zeigen. Nicht immer mit dem Totschlagargument daher kommen, dass sie Erfahrung hätten, es besser wüssten und dass das nun mal nicht geht. Ja, ihr verfügt über sehr wertvolle Erfahrungen, die gilt es auch zu respektieren und davon zu profitieren. Keine Frage! Aber es sind nun mal Erfahrungen eines anderen Zeitalters! Nur weil ihr etwas nicht erlebt habt, heißt es nicht, dass es nicht möglich ist. Schließlich haben sich auch viele Rahmenbedingungen geändert. Wie weit käme die Wissenschaft, wenn sie so denken würde?!

Es gibt bereits positive Beispiele

Denn es gibt bereits positive und gute Beispiele, dass es anders geht! Ein sicherlich extremes Beispiel, über das ich vor einigen Jahren gelesen habe, war ein kleiner Betrieb, der wie eine kleine Demokratie funktioniert hat: die Mitarbeiter haben gemeinsam darüber entschieden, welche neuen Mitarbeiter eingestellt werden oder wo investiert wurde, hatten überall Einblick (somit auch mehr Verständnis) und wurden am Ende auch am Gewinn beteiligt. Das sind, bislang zwar noch seltene, aber gute Beispiele, die zeigen, dass andere Arbeitsstrukturen durchaus funktionieren. Man muss aber ehrlicherweise bedenken, dass man dafür auch Mitarbeiter braucht, die das so möchten!

Wer es heute versteht jungen Mitarbeitern das Gefühl zu geben, sich frei entfalten und einbringen, den jeweils für sich besten Weg gehen zu können (z.B. flexible Arbeitszeiten, -orte), um Ziele zu erreichen, wird so motivierte Mitarbeiter erhalten, wie er sie noch nie hatte! Es gilt eine Atmosphäre zu schaffen als wäre ein Unternehmen ein Zusammenschluss von Selbständigen, die jeweils oder gemeinsam ihr Baby betreuen. Doch dafür müssen sich Arbeitgeber von dem alten Gedanken trennen, man müsse Angestellte kontrollieren, unter ständigem Wettbewerb und an der kurzen Leine halten. Motivation funktioniert heute anders, weniger über Druck und Wettbewerb, mehr über Unterstützung und Förderung.

Auch innerhalb der Runde zeigten Unternehmen und Agenturen, dass es anders geht. Ein Mitarbeiter eines großen Software Hauses erzählte, dass sein Team, in dem er arbeitet, eigentlich fast ohne Führungsperson auskommt und sie direkt dem „obersten“ Chef berichten. Das Team bespricht und organisiert sich so gut wie alleine. Neue Ideen werden in der Firma aktiv gefördert, neue und jüngere Mitarbeiter bekommen keine Abteilungsleiter, sondern Mentoren, die ihnen dabei helfen ihren Karriereweg zu finden und auch zu erreichen. Man konzentriert sich auf die Menschen und nicht nur auf die Arbeit, die erledigt werden soll. Denn so wird auch die Leistung der Mitarbeiter fast nebenbei noch besser!

So entwickelt und ändert sich ein Unternehmen von unten heraus. Zugegeben ein ungewohnter Weg, wo doch bislang Chefs und Berater von oben herab entschieden haben, wo es lang geht. Viele gute Ideen und viel Innovationskraft stecken dabei häufig bereits im Betrieb. Bei den Mitarbeitern, die täglich mit Kunden oder Problemen zu tun haben. Doch sie werden häufig nicht ernst genommen, warum auch immer – weil sie vielleicht nicht im teuren Anzug daher kommen und nicht mit englischen und nichtssagenden Fachbegriffen um sich werfen (Sorry, der Seitenhieb musste sein ;)?! Auf diese Art und Weise lassen sich Änderungen häufig auch viel besser intern umsetzen, da sie eine größere Akzeptanz erfahren und nicht als von oben aufgezwungen empfunden werden.

Ältere Generationen können auch etwas von den Jungen lernen

Hier können ältere Generationen von den jüngeren lernen, nicht nur umgekehrt. Auch die Arbeitgebervertreter der Famab Gesprächsrunde bestätigten, dass junge Mitarbeiter Ideen einbringen oder Fragen stellen, an die man zuvor noch gar nicht gedacht hat. „Junge Mitarbeiter machen einen zum Teamplayer“, so eine andere Erfahrung in der Runde. Vieles davon kann eine Firma oder Agentur voran bringen. Auch das deutlich bessere Verständnis für junge Zielgruppen ist für Agenturen extrem wertvoll.

Der Führungsstil ist einer der Knackpunkte

Das Bedürfnis nach Transparenz, Wohlfühlen und Sinnhaftigkeit der Generation Y fördert eine Art Familiendenken in Agenturen und Firmen. Chefs und Teamleiter werden zu eine Art Mama und Papa (alternativ großer Bruder/große Schwester ;), die nicht nur darauf achten, dass der Job erledigt wird, die nicht nur Befehle weitergeben und Leistung erwarten, sondern sich um die Menschen und das gesamte Umfeld kümmern. Heute interessiert sich ein guter Teamleiter oder Chef auch für das Wohlbefinden der Mitarbeiter, motiviert, fördert, unterstützt sie und treibt sie nicht nur an, schneller zu arbeiten. Ein kooperativer Führungsstil ist für viele noch ein schweres Thema. Hier müssen viele Arbeitgeber noch dazu lernen und sich weiterentwickeln. Vor allem bei dem Thema Employer Branding sollten Arbeitgeber daher vielmehr in die Fortbildung ihres Führungspersonals investieren, anstatt sich auf Werbekampagnen oder coole Büros zu konzentrieren.

Strategien, wie man mit diesen Anforderungen langfristig umgehen soll, hatten die anwesenden Agenturen bislang jedoch nicht. Allerdings war deutlich zu spüren, dass fast alle versuchen flexibler und offener zu werden und auf die Wünsche und Vorstellungen der jeweiligen Mitarbeiter und Abteilungen einzugehen – schließlich hat die Buchhaltung oft andere Vorstellungen als die Kreation. Das halte ich grundsätzlich schon mal für eine gute „Strategie“. Andererseits überraschte aber auch eine Agentur mit dem bewussten Verzicht auf eine Strategie, da sie es nach eigener Aussage momentan nicht nötig hätten, und erst mal so weiter machen, wie immer. Nicht sehr weitsichtig. Und wer weiß, auf wie viele sehr gute Mitarbeiter sie bereits jetzt verzichten, weil sie nach ihnen noch nicht mal die Angel ausgeworfen hat?! Sobald mehr Agenturen attraktivere Jobangebote bieten, werden sie und viele andere ganz schnell ins Rudern kommen.

Geklärt ist das Problem leider noch lange nicht. Aber wenn sich diese beginnende Offenheit, die ich beim Famab Treffen gesehen habe, weiter verbreitet, beide Seiten nicht nur auf ihre Positionen bestehen und sich aufeinander zu bewegen, könnte schon viel erreicht werden.

Fotos: Famab

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