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Kommen nach Corona die „sinnvollen“ und „nützlichen“ Markenerlebnisse? Beispiel „Cold Room“

Von Katharina Stein 4.5.2020 ~4 Minuten Lesezeit

Für die Zeit nach Corona prognostizieren einige Branchenkenner Veränderungen in der Live-Kommunikation. Dabei geht niemand davon aus, dass physische Events komplett durch digitale Formate ersetzt werden. Ganz im Gegenteil, man wird das echte Erleben umso mehr zu schätzen wissen. Jedoch werden einige Firmen und Marken auch die Vorzüge von Online-Formaten kennengelernt haben – und manches davon beibehalten. Nicht wenige könnten Markenerlebnisse, gerade im budgetären Kontext, daher etwas genauer hinterfragen. Eine mögliche Entwicklung: mehr „nützliche“ und „sinnvolle“ Markenerlebnisse.

Beispiel: The Cold Room

Ein anschauliches Beispiel, was mit „sinnvollen“ oder „nützlichen“ Erlebnissen gemeint ist, kommt von der Marke Canada Goose aus dem Bereich Retail Experiences. Das Unternehmen produziert hochwertige Jacken für die kältesten Regionen der Welt. Seit 2018 haben sie sogenannte „Cold Rooms“ in einigen ihrer weltweit vertretenen Stores installieren lassen. Es sind kleine Räume mit Eisskulpturen, die auf eine Temperatur von unter -32 Grad eingestellt werden können. So können Kunden etwas Besonderes erleben und die recht teuren Jacken in Aktion testen.

Eine an sich einfache und nicht sonderlich spektakuläre Idee, die die Zielgruppe jedoch in Scharen anlockte. Zu Beginn standen an manchen Wochenenden Schlangen von Menschen vor den Läden, die sich für das Kälte-Erlebnis anstellten. Einige wollten einfach nur mal arktische Temperaturen erleben. Andere schienen ihre nicht unerhebliche Investition vor dem Kauf testen zu wollen. Ein sinnvolles Erlebnisangebot, das dabei geholfen hat, Menschen in den Laden zu locken und gleichfalls für Schlagzeilen und Social Media Content zu sorgen.

Immer immersiver, reichweitenstärker – und markenferner

Viele Läden wie auch Events lassen sich die verrücktesten Sachen einfallen, um Menschen anzulocken. Von unterhaltsamen Selfie-Möglichkeiten über interaktiven, imposanten Installationen bis hin zu verrückten Erlebnissen wie einem toilettenförmigen Bällebad. Doch langsam wird manches davon albern, austauschbar und immer sinnloser für die Gastgeber.

Die letzten Jahre der „immersiven“ und „erlebnisorientierten“ Markenerfahrungen haben die Menschen daran gewöhnt, immer mehr und immer außergewöhnlichere Angebote zu erwarten. Gleichzeitig überbieten Firmen sich mit möglichst außergewöhnlichen und viralen Aktionen, nur um noch mehr Aufmerksamkeit, noch mehr Likes und Posts zu generieren. Doch dabei geraten zwei Dinge aus dem Fokus: Die Menschen suchen eigentlich mehr als oberflächliche und irgendwie lustige Erfahrungen. Und die Firmen verwässern zunehmends ihren Markenkern und das, was sie eigentlich ausmacht, da sie nur auf hohe Reichweiten aus sind.

Ein Angebot wie der Cold Room vereint dagegen eine unterhaltsame Erfahrung mit einer sinnvollen Kaufunterstützung und zahlt zugleich auf den Markenkern ein. Manchmal darf man sich von außergewöhnlichen Ideen, die vermutliche ein vielfaches an Reichweite erzielen würden, nicht mitreißen lassen. Sinnvoller ist es sich immer wieder auf den Markenkern, die Produkte und ihre Funktionen zu besinnen. Auch wenn dies zu weniger Imposanz, Likes und Buzz führt. Letztlich geht es darum konsistente Geschichten für eine bestimmte Gruppe von Menschen zu erzählen und ihre Kundenerfahrungen zu verbessern, und nicht zu überladen.

Markenerlebnisse, die Kontakte zu den Menschen fördern

Ein in diesem Kontext ebenfalls oft vernachlässigter Aspekt, ist der Kontakt zu den Menschen. Viele Erlebnisangebote sind geradezu dafür gemacht, möglichst große Menschenmassen kontaktlos durchzuschleusen. In manchen Fällen übernimmt gebuchtes, aber firmenfernes Personal die Betreuung. Dabei könnte ein persönlicher, echter Kontakt zwischen Besucher und Mitarbeiter viel besser und vor allem viel langfristiger wirken.

Gerade im Retail Sektor hängt viel davon ab, dass man die Möglichkeit hat, mit den Kunden zu sprechen. Doch nicht auf diese kühle und verkauforientierte Art, wie man sie oft erlebt. Das verweigern die meisten Menschen ganz automatisch. Markenerlebnisse könnten dagegen gezielte, gemeinsame Erlebnisse schaffen, die unverfänglicher und lockerer sind, aber gleichzeitig das Fokusthema nicht aus den Augen verlieren. Wie beispielsweise der Cold Room. Ein Mitarbeiter betreut und berät den Besucher notwendigerweise und nimmt auch an dem Erlebnis teil. Das ist sehr wertvolle, gemeinsame Zeit, die sich aber nicht alleine um das verkrampfte Verkaufen dreht.

Solche kleineren und gezielteren Markenerlebnisse sind nur auf den ersten Blick günstiger, denn sie bedürfen Investitionen an anderer Stelle: unter anderem bei der Ausarbeitung eines sinnhaften, qualitativen Produktes und der Ausbildung der Mitarbeiter. Und sie brauchen mehr Zeit und ein ganzheitlicheres Denken, das sich nicht alleine mit Budgets, Gewinn und Reichweiten beschäftigt. Aber am Ende hätte man für alle deutlich „sinnvollere“ und „nützlichere“ Markenerlebnisse. Zu Zeiten, in denen Nachhaltigkeit, Werte und „Purpose“ einen wachsenden Stellenwert haben, würden auch solche Erlebnisse besser passen. Vielleicht trägt der erzwungene Corona-Reset etwas dazu bei? Ich hätte nichts dagegen!

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