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Bessere Konferenzen planen: Wie das Programm zum dramaturgischen Mittel wird

Von Katharina Stein 25.4.2016 ~7 Minuten Lesezeit

Wie man ein Konferenz-Programm plant? Ist doch klar: Bekannte Redner einladen, Vorträge zeitlich irgendwie verteilen, Keynotes der Bekanntesten am Anfang und Ende, fertig! So kann man es natürlich machen. Aber dann begeht man einen zentralen Fehler vieler Konferenz-Veranstalter: es fehlt an Leidenschaft und Detailverliebtheit. Das spürt der Besucher! Doch wer sich dem Besuchererlebnis mit Hingabe widmet, kann Großes erreichen. Eine Frage ist, welche Interessen und Bedürfnisse haben die Teilnehmer zu welchem Zeitpunkt? Wann sind sie müde, wann fit, wann wissbegierig, wann wollen sie unterhalten werden? Aus dieser Perspektive heraus kann ein bewusst geplantes Konferenz-Programm zum dramaturgischen Mittel werden und das Besuchererlebnis alleine durch den Programmablauf maßgeblich verbessern!

Wie genau man vorgehen kann und auch sollte, veranschaulicht Marc Thiele, Veranstalter der Konferenz beyond tellerrand, in einem lesenswerten Blogbeitrag! Dort erklärt er, welche ausführlichen Gedanken er sich rund um das Programm seiner Konferenz macht. Der Erfolg und die Beliebtheit der Konferenz (Bekannte und Freunde scheinen immer sehr begeistert) sprechen wohl für sein System!

Die Voraussetzung für seine Art der Konferenz-Programm-Planung ist, dass Du möglichst genau über die Vorträge, Inhalte und Redner Bescheid weißt! Etwas das ich eigentlich generell von Konferenz-Veranstaltern erwarte, aber aus der Praxis weiß, dass es nicht oft der Fall ist. Es ist an der Zeit das zu ändern! :)

Hier ist eine kurze Zusammenfassung und freie Übersetzung von Marc Thieles Artikel.


Wie man ein Konferenz-Programm dramaturgisch plant und nutzt

Marc beginnt damit, dass er alle Vortragstitel und Redner zunächst sammelt und vor sich auf einen Tisch legt. Zu diesem Zeitpunkt gibt es auch bereits einige wenige Vorträge die zeitlich feststehen. Zum Beispiel weil, der Redner sich einen Termin wünscht, er thematisch irgendwo gezielt eingeplant wurde oder er einfach erst später kommen oder früher gehen muss. Alle anderen werden aber nach folgenden Kriterien gezielt einsortiert.

Welche Art von Vortrag ist es?

Ist der Vortrag eher technischer Natur oder geht es mehr um Design und Kreatives? Wird ein Thema sehr praxisorientiert mit vielen Tipps behandelt oder erzählt jemand sehr persönlich seine eigene Geschichte? Diese Kriterien lassen auf den Schwierigkeitsgrad des Vortrags schließen und sollten bei der Programmplatzierung bedacht werden.

Welche Art von Redner ist es?

Hierbei geht es Marc nicht um bekannte und unbekannte Redner, sondern um den jeweiligen Charakter! Aus seiner Erfahrung heraus unterscheidet er zwischen fünf groben Typen. Natürlich überschneiden sie sich auch und erheben nicht den Anspruch, wirklich alle Menschen und Charaktere wiederzugeben. Aber sie geben eine Orientierung.

Im Sinne der Lesbarkeit verzichte ich auf männliche und weibliche Formen – trotzdem sind natürlich beide Geschlechter gemeint!

  • Der durchdachte, ruhige Redner, der zum neuen und anderen Denken anregt, über Insights spricht und dazu inspiriert, etwas von einer anderen Seite zu betrachten.
  • Der erklärende und lehrende Redner, der verdeutlicht, wie man etwas macht, und viele praktische Infos und Tipps vermittelt.
  • Der Storyteller, der problemlos einfach auf der Bühne steht, unterhaltsam erzählt und einfach über seine Art die Teilnehmer fesselt.
  • Der energiegeladene Vulkan, kann auch ein Storyteller sein, aber mit einer Menge zusätzlicher Energie. Er ist laut, animierend, interaktiv, unterhaltsam und hält das Publikum wach oder weckt es auf.
  • Der Entertainer geht ebenfalls in die Richtung des Vorherigen, aber nicht so laut und impulsiv. Er sammelt viele Lacher, weiß wie man Stimmung macht und einen Spannungsbogen hält.

Welche Tageszeit ist es?

Je nach Tageszeit sollten Redner und Themen bewusst im Programm platziert werden. Veranstalter sollten sich selbst fragen, ob sie zu dieser Tageszeit einem Vortrag bzw. einem Vortragenden gut folgen könnten?

Der erste Vortrag sollte laut Marc anregend sein und die Menschen in die richtige Stimmung für den Tag bringen. Hier eignet sich ein inspirierender, guter Vortrag mit einer Meinung. Direkt mit heftigen, anspruchsvollen Inhalten zu starten, könnte schnell demotivieren.

Die anspruchsvollen Vorträge folgen dann besser bis zur Mittagszeit. Nach dem Mittag neigen wir alle dazu etwas müde zu werden. Daher braucht es an dieser Stelle erst mal ein Thema, das vor allem interessant und spannend ist sowie einen Redner, der die Teilnehmer wieder aufweckt.

Für den letzten Vortrag des ersten Tages (die beyond tellerrand ist eine zweitägige Konferenz) sucht sich Marc immer einen Entertainer aus, der eine Meinung hat und sie lustig und unterhaltsam rüberbringt. Ergänzend dazu ermöglicht er vor dem letzten Vortrag eine längere Pause, in der die Besucher sich etwas zu trinken nehmen, langsam den Tag ausklingen lassen und dann gemeinsam den letzten Vortrag entspannt genießen können. (Hier erkennt man besonders gut, dass alleine der Ablauf eine Dramaturgie schaffen kann!)

Der erste Vortrag des zweiten Tages ist verständlicherweise eine Herausforderung für jeden Referenten. Viele Teilnehmer werden noch müde sein, weil sie am Abend zuvor lange wach waren und vielleicht zu viel getrunken haben. Es braucht also einen aufweckenden und motivierenden Redner mit selbigem Thema, der die Leute fit für den Tag macht.

Der krönende Abschluss ist der letzte Vortrag der Konferenz. Das ist der letzte, bedeutende Eindruck, den die Teilnehmer mit nach Hause nehmen. Diesen Programmplatz besetzt Marc thematisch gerne mit einem Vortrag, der auch über das Event hinaus zum Nachdenken anregt. Für den Abschluss braucht man aber natürlich nicht nur ein gutes Thema, sondern auch einen sehr guten Redner.
 

Kurzum alles kein Hexenwerk, auf das man mit ein bisschen bewusstem Nachdenken nicht selbst kommen könnte. Der springende Punkt ist aber das bewusste Nach- und Mitdenken!


Wie auch Marc abschließend schreibt, mit diesem Ansatz weiß man nie genau, ob der eigene Plan und die eigenen Vorstellungen wirklich aufgehen. Schließlich sind auch Redner Menschen, die vielleicht mal einen schlechten Tag haben oder von denen man bei einem Gespräch oder in einem Video doch einen anderen Eindruck hatte.

Ein Konferenz-Programm, so wie Marc es erstellt, hängt von einer detaillierten, inhaltlichen Vorab-Recherche, aber auch von einem guten Gespür und Bauchgefühl ab. Garantien gibt es aber keine. Deswegen nimmt er sich Zeit und lässt seinen ersten Entwurf erst mal liegen. Vielleicht fällt ihm in den Folgetagen noch etwas auf oder ein, das man verbessern kann.

Es geht darum die unterschiedlichen Charaktere und Themen gezielt zu platzieren, je nach Tageszeit, je nach Müdigkeit oder Erschöpfungsgrad des Publikums, vor oder nach Pausen, zum Einstieg oder zum Ausklang. Es braucht keine Pausenshows oder Entspannungsübungen, das Programm selbst geht inhaltlich sowie rhetorisch bewusst auf Stimmungen ein, lenkt oder unterstützt sie.

Professionelle Eventmanager neigen dazu sich auf das organisatorische Drumherum zu konzentrieren, Dramaturgie als Aneinanderreihung vermeintlich aktivierender Showacts zu verstehen – und verlieren dabei nicht selten das Wichtigste aus den Augen: ein richtig gutes Programm und die Zeitpunkt-abhängigen Stimmungen bzw. Bedürfnisse der Besucher. Das sind die zwei zentralen Orientierungsfaktoren, die wirklich wichtig sind, die eine Konferenz und seine Besucher emotional begleiten und aus einem Konferenz-Programm ein wirkungsvolles dramaturgisches Mittel machen!

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