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„Handbuch Erlebnis-Kommunikation“ – Rezension & Blick ins Buch: Was macht die re:publica anders?

Von Katharina Stein 2.5.2016 ~7 Minuten Lesezeit

In diesem Jahr ist die Neuauflage des „Handbuchs Erlebnis-Kommunikation“*, herausgegeben von Ulrich Wünsch, erschienen. Die Erstauflage aus 2007 wurde überarbeitet, erweitert und neu veröffentlicht. Wir haben uns das neue Event-Fachbuch für Dich angeschaut!

Wie der Untertitel bereits verrät, geht es um „Grundlagen und Best Practice für erfolgreiche Veranstaltungen“. Das Buch ist eine Sammlung von insgesamt 27 einzelnen Berichten verschiedener Autoren, die sich mit unterschiedlichen Teilbereichen der Live-Kommunikation auseinandersetzen. Die Betrachtungsweisen und Hintergründe der Artikel reichen dabei von akademisch, wissenschaftlich bis zu konkret, praxisorientiert und bieten einen vielseitigen Blick auf die Eventbranche.

Dieser vielseitige Blick solcher Sammelwerke mit vielen Autoren hat jedoch Vor- und Nachteile. Einerseits sind gerade die verschiedenen Blickwinkel sehr interessant. Auch die thematische Spannweite und Qualität profitiert davon, da sich punktuell ausgewählte Fachleute äußern können. Andererseits erschweren die unterschiedlichen Schreibstile und inhaltlichen Herangehensweisen sowohl das Lesen als auch das Lernen bzw. Erinnern. Da das Buch keinen richtigen roten Faden hat, liest man die einzelnen Berichte mit Interesse, kann sich am Ende aber nur noch an einen Bruchteil dessen erinnern. Mein Rat daher: Jeweils gezielt nach aktuellen Interessen lesen und nicht unbedingt das ganze Buch am Stück!

Den Inhalt des Buches kann man aufgrund der vielen Themen nur schwer zusammenfassen. Thematisch spannt das Buch einen Bogen zwischen Bereichen wie unter anderem Event-Compliance, Institutioneller Wandel, Nachhaltigkeit, Temporäre Architektur, „Politik als Auftraggeber“, Digitale Kommunikation, Kulinarik als Kommunikationsmedium, Messe-Erlebnis und Anforderungen an das Eventstudium. Ergänzend werden eine Auswahl an Praxis-Beispielen beleuchtet, darunter die republica, die Kampagne „electrified“, die Linzer Klangwolke und die Eröffnungsinszenierung der Kulturhauptstadt Umea 2014. Da die Praxisbeispiele teils aus der Perspektive der verantwortlichen Agentur- oder Firmenvertreter beschrieben werden, variiert hier meiner Meinung nach der Nutzwert je nach Autor, der jeweiligen selbstkritischen Distanz und Transparenz, die er oder sie zulässt.

Besonders gut gefallen haben mir persönlich unter anderem der Beitrag von Andreas Schäfer, der sich kritisch zur Haltung in der Live-Kommunikatuin äußert. Carsten Nillies und Volker Klenk betrachten in ihrem Artikel die Digitale Kommunikation, jedoch nicht als ergänzendes Gimmick, wie es so oft falsch gemacht wird, sondern als ganzheitlichen Bestandteil einer Veranstaltung. Einen sehr unterhaltsamen und ehrlichen Blick hinter die Kulissen der Entstehung und Konzeption eines internationalen Großprojekts erhällt man im Beitrag von Christian Schmachtenberg über die Singapur Erlebniswelt.


Einblick ins Buch:

„Neue Konferenzformate im Digitalen Zeitalter am Beispiel der re:publica“

Aus aktuellem Anlass greife ich den Bericht von Andreas Gebhard und Susanne Eiswirt über „Neue Konferenzformate im Digitalen Zeitalter am Beispiel der re:publica“ heraus. Interessant ist hier zu sehen, an welchen Stellen die Veranstalter die Konferenz genau durchdenken und gezielt planen! Es sind diese Feinheiten und vermeintlichen Kleinigkeiten, die den Erfolg der Konferenz jedoch maßgeblich mitgestalten – und die gute Vorbilder für andere Konferenzen sind!

Was macht die re:publica anders?

Frei formulierte und ausgewählte Aussagen aus dem Artikel

Partnerschaften sind ein wichtiger Bestandteil des Festivals, so wie es bei vielen Events der Fall ist. Doch anstatt übliche Sponsoren-Pakete mit Logowänden, Standard-Werbeständen & Co. anzubieten, wird mit jedem Partner ein individuelles, integriertes Konzept entwickelt. Partner sollen nicht als „Fremdkörper“ wahrgenommen werden. Doch dafür müssen sie inhaltlich und praktisch eingebettet werden. Wichtig ist dabei auch, dass die republica trotz präsenter Sponsoren ihre (kritische) Haltung behält und glaubwürdig bleibt!

Freiwillige Helfer sind unverzichtbar für die re:publica. 2015 waren es rund 500! Große Probleme hat das Festival bei der Stellenbesetzung zumeist nicht. Für viele ist es ein großer Anreiz hinter den Kulissen dabei zu sein – mal abgesehen vom kostenfreien Eintritt und T-Shirt. Die Vorteile für die Veranstalter liegen auf der Hand. Jedoch wird dieser Erlebniswert und dieses Zugehörigkeitsgefühl auch bewusst gefördert. Helfer werden nicht „versteckt“ oder im Rahmen der Berichterstattung vergessen. Sie sind bewusst auf Fotos und Aufzeichnungen zu sehen, sie sind Teil der jährlichen Danksagungen, werden in Statistiken und Umfragen erwähnt und einbezogen.

Einbindung der Besucher und Partner ist ein weiterer Grundpfeiler des Festivals. Zum Beispiel kann man sich mit eigenen Vorträgen einbringen. 50% der Sessions im Hauptprogramm stammen aus Einreichungen des vorherigen „Call for Papers“. Auch für flankierende Partner-Events und Subkonferenzen ist Platz.
Jährliche Umfragen sollen darüber hinaus dabei helfen all den unterschiedlichen Anforderungen, Wünschen und Vorstellungen der Besucher, Sprecher und Helfer gerecht zu werden. Anstatt zu denken, man wisse, was die Besucher möchten (wie das so oft der Fall bei Veranstaltungen ist), vergewissert man sich jedes Jahr aufs Neue und arbeitet am Konzept!

Interaktion entsteht nicht immer von alleine und überall. Auch das kann und sollte man auf einer Konferenz unter anderem räumlich fördern. Auf der re:publica ist der „Affenfelsen“, der eine Intensivierung der Diskussionen unter den Teilnehmern fördern soll. Eine gestufte, offene Sitzgelegenheit Mitten in der Haupthalle. Ergänzend stehen bunte Monobloc-Stühle ohne Logo zur Verfügung, die auf dem gesamten Gelände verteilt werden – und gegen Entgelt auch mit nach Hause genommen werden können.
Ein zentraler Punkt, den so unglaublich viele Veranstalter vernachlässigen. Vor allem auf Messen, wo ich mich nur in den zumeist schlechten, veralteten und überteuerten Gastro-Angeboten der Messe mit anderen treffen und hinsetzen kann. Keine gemütlichen und offenen Treff- und Sitzgelegenheiten anzubieten ist die beste und sicherste Form Interaktion zu verhindern!

Die Gestaltung und räumliche Umgebung nehmen einen wichtigen Platz bei der re:publica ein. Für die Glaubwürdigkeit des Events sowie für die Entstehung von Interaktion, müssen Thema und Veranstaltungsziele räumliche erlebbar sein, so die Meinung der Veranstalter. Deswegen sind die Wahl der Location als auch die Gestaltung der Räume kein Zufall. Atmosphäre und Ort sind bewusst möglichst behaglich und persönlich gestaltet. Zentrales Ziel ist eine hohe „emotionale Aufenthaltsqualität“. Hierfür wird jedes Jahr ein neues Design zum jeweiligen Motto entwickelt, das sich durch alle Räume, Bühnen und Partnerstände zieht, und sich ebenso auf der Website, den Visitenkarten und anderen Materialien wiederfindet. Ein großer Aufwand, der sich aus Veranstaltersicht aber absolut lohnt.

Kaum eine Veranstaltung ist online so präsent wie die re:publica. Es gibt eine Fülle an Inhalten für fast alle sozialen Medien. Sie werden selbst erstellt oder in Zusammenarbeit mit Partnern realisiiert. Fotos, Berichte, E-Books, Videos und Livestreams auf der Website, im Blog, auf Twitter, Facebook, Youtube usw. Vor dem Event, während dessen und danach. Alle Videos und Fotos werden zudem unter Creative Commons Lizenz veröffentlicht und können unkompliziert geteilt und verbreitet werden. Indem man so viel Content und möglichst frei zur Verfügung stellt, fördert man die Verbreitung und Präsenz des Events. Man bietet auch genügend „Futter“ für den Austausch unter den Teilnehmern, regt Diskussionen und Feedback an. Und die re:publica ist damit wohl der beste Beweis dafür, dass ein Event nicht unattraktiv wird, wenn fast alle Inhalte online zu finden sind – ganz im Gegenteil!

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Fotos: eveosblog

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