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Wie organisiert man ein BarCamp? Tipps, Regeln & typische Fehler – Interview mit Franz Patzig

Von Katharina Stein 6.9.2012 ~6 Minuten Lesezeit

Was ein BarCamp ist, wird den meisten mittlerweile bekannt sein. Aber gerade für professionelle Veranstalter kann diese Form der Unkonferenz eine gewisse Herausforderung sein. Denn es gelten andere Regeln als bei „klassischen“ Events. Es gibt aber auch andere Vorteile, u.a. für Sponsoren. Welche genau, hat uns Franz Patzig, Mitorganisator von 16 internationalen BarCamps, in einem Interview erzählt.

Interview mit Franz Patzig: Tipps, Regeln & Fehler bei BarCamps

Katharina: Ein BarCamp organisiert sich zu einem großen Teil ja selbst. Keine geplanten Redner, kein Programm, vieles entsteht spontan vor Ort. Was muss bei einem BarCamp aber wiederum sehr gut im Vorfeld organisiert sein?

Franz: Mit einem BarCamp stellt man den Teilnehmern eine Plattform zur Verfügung, deren Leitplanken durch „The Rules of BarCamp“ vorgegeben sind – einer Parodie auf „The Rules of Fight Club“.

Man muss also bei der Planung darauf achten, dass das Event in einer Weise geplant ist, dass sich die Ziele weitgehend störungsfrei erreichen lassen. Dazu gehören geeignete Räumlichkeiten, erforderliche Technik und – falls es das Budget hergibt – ein vernünftiges Catering. Weiterhin sollte im Vorfeld unbedingt kommuniziert werden, dass jeder Teilnehmer aufgefordert ist, zum Gelingen der Veranstaltung beizutragen. Das ist in erster Linie Bereitschaft sein Wissen zu teilen, kann aber auch ganz praktische Hilfe bei z.B. Stühlerücken sein.

K.: Ein BarCamp basiert ja größtenteils auf der Beteiligung der Teilnehmer. Funktioniert das einfach so oder muss man die Gäste konkret dazu animieren?

F.: Ja, das muss man. Das kommt einerseits daher, dass immer wieder neue Teilnehmer hinzukommen, die angeleitet werden müssen, zum anderen hat sich gelegentlich eine Kosumhaltung eingeschlichen. Aber wie bereits schon erwähnt: der Grundgedanke einer BarCamp-Veranstaltung ist Teilung von Wissen. Wenn man als Veranstalter merkt, dass da etwas aus dem Ruder läuft, muss die Beteiligung eingefordert werden. Das funktioniert.

K.: Ist demnach jemand, der keine Session hält, bei einem BarCamp nicht gern gesehen?

F.: Nein, so wäre es falsch ausgedrückt. Partizipation ist wichtig und gefordert, aber es muss nicht unbedingt eine Session sein. Man kann sich auch durch aktive Teilnahme an Diskussionen einbringen, Sessions dokumentieren, Filmen, Bloggen… was auch immer. Die Möglichkeiten sind vielfältig.

K.: Was hast Du im Laufe der Zeit aus der Organisation von nun bereits 16 BarCamps gelernt?

F.: Die Organisation geht mir natürlich mit der Erfahrung immer leichter von der Hand. Ich hatte aber auch gute Lehrer, mit denen ich zusammen das erste BarCamp in China (Shanghai) organisiert habe. Das sind unglaublich coole Jungs aus San Francisco und Vancouver, die schon beim BarCamp 1 in Kalifornien mitgemischt hatten. Deren Herangehensweise, die Art wie sie geschafft haben selbst bei eher zurückhaltenden Chinesen den Spirit zu transportieren und alle zu begeistern, habe ich versucht mir zu verinnerlichen und selbst weiterzugeben. Ich glaube das ist gelungen, schaut man sich die Bewegung in Deutschland heute an.

K.: Was sind denn typische Fehler und wie können BarCamp Organisatoren diese vermeiden?

F.: Teilweise scheint es für Veranstalter schwierig zu sein, den Teilnehmern ausreichend Vetrauen entgegen zu bringen und Kontrolle aufzugeben. Das endet dann gelegentlich in einer Überorganisation und das Event wird steif. Mein Tipp an Organisatoren ist: entspannt euch!

K.: Passt ein BarCamp auch in die Welt recht kommerzieller B2B Konferenzen? Auf einem BarCamp können und sollen Besucher ja gerade Meinungen frei äußern und auch kritisieren. Unternehmen stehen solch „offener Kommunikation“ nicht selten skeptisch gegenüber. Kennst Du B2B BarCamps, die sehr gut funktionieren und kannst Du Unternehmen die Angst vor solch einer Situation nehmen?

F.: Jedes BarCamp hat auch immer B2B-Elemente. Wenn die Frage aber darauf zielt, ob das Format auch innerhalb von Unternehmen funtktioniert, dann lautet die Antwort eindeutig ja. Ich habe das bereits in Unternehmen realisiert und das war ein voller Erfolg. Es hieß dort zwar nicht BarCamp, weil sich BarCamp gerade dadurch auszeichnet, dass es eine offene, für jeden zugänglich Veranstaltung ist, das Format an sich war aber gleich. Eine Kostprobe gibt es hier und aus meiner persönlichen Sicht hier .

K.: BarCamps werden häufig durch Sponsoren finanziert, kosten den Teilnehmer keinen Eintritt oder vergleichsweise wenig. Wo denkst Du liegt der besondere Reiz und Vorteil für Sponsoren bei einem BarCamp?

F.: Sponsoren können mit vergleichsweise niedrigen Beträgen einen Kontakt zu ihren Zielgruppen und Influencern herstellen oder mal mit Bloggern selbst in einer gelösten Atmosphäre auf Augenhöhe schnacken. Auch die Aufmerksamkeit, die durch Berichterstattung erzielt wird ist nicht zu unterschätzen. Das funktioniert auf BarCamps wunderbar.

K.: Gibt es Deiner Erfahrung nach Themen, Branchen oder Bereiche, in denen ein BarCamp besonders gut funktioniert und in denen es eher schwierig ist?

F.: Ich sehe da keine Einschränkungen. Überall da, wo die Bereitschaft vorhanden ist – oder hergestellt werden kann – Wissen zu teilen, ist es möglich das Format einzusetzen.

K.: Wovon hängt es dann ab, dass ein BarCamp funktioniert?

F.: Gute Planung und entspannte Herangehensweise.

Vielen Dank für das Interview und die Tipps!

Sind BarCamps das bessere Eventformat? Weiteres Interview im platzpirsch Blog!

Über Franz Patzig:

Franz arbeitet seit 14 Jahren in der Online-Branche, die meiste Zeit als Selbstständiger und zuletzt als Co-Founder und Geschäftsführer einer internationalen Unternehmensberatung. Im Augenblick ist er mit Partnern dabei ein neues Unternehmen zu gründen. Ist aber noch geheim :)

In seiner Freizeit veranstaltet er BarCamps in Deutschland und in China. Seit 2006 war er an der Organisation von sechzehn Camps beteiligt und hat sich bei der Entwicklung und Verbreitung dieser Veranstaltungsform engagiert. Mittlerweile ist er in Deutschland ein tragender Teil dieser Bewegung des freien Wissensaustausches.

Mehr über Franz in seinem Blog und bei Xing.

Foto BarCamp Orlando: Josh Hallett / hyku / flickr

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