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greenmeetings & events: Erfolgsfaktoren von Green Events & Nachhaltigkeit,Teil 2

Von Katharina Stein 14.3.2011 ~8 Minuten Lesezeit

Nach dem – etwas theoretischeren – ersten Tag der greenmeetings und events, wandte sich der zweite Tag weitaus mehr der Praxis zu und griff einige interessante und grundlegende Fragen auf: ist Nachhaltigkeit auf Eigeninitiative angewiesen oder muss der Staat eingreifen? Wie sollte ein Unternehmen oder eine Event-Agentur das Thema intern angehen? Und was ist für den Erfolg nachhaltiger Events ausschlaggebend?

Politik vs. Märkte vs. Eigeninitiative – wer ist für nachhaltige Entwicklungen verantwortlich?

Ein interessanter und wichtiger Aspekt ist die Rolle und Aufgabe der Politik bzw. die Frage nach der Notwendigkeit gesetzlicher Vorgaben oder Förderungen. Schafft es die Industrie sich alleine zu regulieren und ihre Angebot im Sinne der Nachhaltigkeit umzudenken?

Zur Eröffnung der greenmeetings und events wurde sowohl von Jürgen Trittin als auch von Joachim König und Matthias Schultze betont, dass nachhaltige Angebote und Dienstleistungen zu Qualitäts- und Wettberwerbsvorteilen werden müssen. Die Eigeninitiative der Unternehmen und das eigene Interesse würden ausreichen und müssten (nur) gefördert werden. Im Gegensatz dazu argumentierte Prof. Dr. Dr. h.c. Ernst Ulrich von Weizsäcker in seiner leidenschaftlichen und beeindruckenden Rede in eine gegenteilige Richtung. Ohne Gleichgewicht zwischen Staat und Märkten kann keine (sozial gerechte) Lösung gefunden werden. Die Märkte können sich seiner Meinung nach nicht alleine regulieren, da sie der Nachhaltigkeit widersprechende, betriebswirtschaftliche Zielsetzungen haben, so Weizsäcker. Zudem besteht eine große Gefahr der green economy in einer Art Biopiraterie – Nachhaltigkeit als privilegiertes Gut, dass betriebswirtschaftlichen Gesetzen unterworfen und somit bestimmten Gruppen, die es sich nicht leisten können, vorenthalten wird. Das hilft der Natur natürlich reichlich wenig, wenn nur einige wenige „reichere“ Gruppen sich Umweltschutz überhaupt leisten können. Um das zu verhindern muss nach von Weizsäcker der Staat regulierend eingreifen.

Die Problematik – Eigeninitiative vs. betriebswirtschaftlichen Gesetze – spiegelt sich in der Eventbranche meiner Meinung nach gut darin wider, dass immer öfter laut wird, die Nachfrage nach Green Events sei überhaupt nicht vorhanden. Ist das tatsächlich ein Argument in dieser Debatte? Eine Besucherin der greenmeetings & events hat es auf den Punkt gebracht: „Die Aussage, dass keine Nachfrage besteht ist kein Argument, es ist eine Ausrede. Wie kann man denn die Nachfrage beurteilen, wenn das Angebot gar nicht besteht?“.
Nichtsdestotrotz ist dies ein reales Problem, da Unternehmen und Agenturen sich aus Eigeninitiative weiterbilden und informieren müssen, ohne tatsächlich zu wissen, ob sie dieses Angebot verkaufen können. Gerade in der Live-Kommunikation, wo oft der Preis und nicht der hohe Anspruch oder gar die soziale Verantwortung entscheiden. Da sind zukünftig also nicht nur Fachwissen und qualifizierte Beratung, da sind auch Vertriebs- und Überzeugungsstrategien gefragt. Wie verkaufe ich nachhaltige Events? Green Events muss man seinen Kunden momentan noch schmackhaft machen und vor allem nicht als Verzicht, sondern als Bereicherung – im wahrsten Sinne des Wortes – verkaufen. Doch werden Unternehmen und Agenturen diesen Aufwand und dieses wirtschaftliche Risiko tatsächlich von alleine auf sich nehmen?

Ich persönlich kann mir derzeit nicht vorstellen, dass genügend Unternehmen ohne einen gewissen staatlichen Zwang bzw. staatliche Vorgaben und in der kürze der Zeit, die wir für diesen Wandel eigentlich haben, in ausreichender Form reagieren. Das Problem besteht meiner Meinung nur schon eine Stufe davor: die Politik hat sich selbst in eine Abhängigkeit von der Wirtschaft manövriert und kann kaum noch wirklich unabhängige, sinnvolle und manchmal auch für die Wirtschaft schmerzliche Entscheidungen durchsetzen. Bis dahin muss jedes Unternehmen und auch jeder Veranstalter sich selbst die Frage stellen, was er gewillt ist zu tun und welchen Preis gegebenenfalls seine Kinder und Enkelkinder dafür zahlen werden.

Aus der Praxis für die Praxis – wie Green Events zum Erfolg werden

Mit dem spannenden Workshop über die Green Berlin Music Week von Jacob Bilabel können wir gleich an der zuvor gestellten Frage anknüpfen: wie verkaufe ich Green Events und wie kommuniziere ich nachhaltige Veränderungen, ohne ein Gefühl des Verzichts aufkommen zu lassen?

Auch bei Green Events steht zumeist Spaß und nicht der Verzicht oder ein so ernstes Thema wie Verantwortung für die Umwelt und Zukunft im Mittelpunkt. Sprich auch hier muss man sich eindeutig an den Besuchern, Zielgruppen und Inhalten des Events orientieren. Nachhaltigkeit im Event einbetten, nicht das Event an sich komplett umkrempeln! Jacob Bilabel nennt das „Multi Stakeholder Approach im Umweltmanagement“. Klingt kompliziert, gemeint ist die zielgruppenorientierte Herangehensweise bei der Umsetzung von Green Events: was wollen die Gäste, was ist ihnen wichtig, wie können wir zum Beispiel die Anfahrt per Bahn fördern, ohne es als Verzicht oder notwendiges Übel zu kommunizieren? „Der Zeigefinger funktioniert nicht“, so Jacob Bilabel, „man muss Alternativen aufzeigen und Vorbild sein“.

Ein konkretes Beispiel ist bereits die Anfahrt als gemeinsames Erlebnis im Sinne der Besucher zu gestalten: einen Partyzug oder -bus bei Festivals. Auch ein Catering, das für viele der Inbegriff des Eingriffs in die persönliche Entscheidungsfreiheit ist, kann entsprechend als Symbol oder als spannendes Experiment kommuniziert werden. Es sollte nicht vermitteln „Du musst hier vegetarisch essen, weil Du Verantwortung für die Umwelt übernehmen musst“, sondern „Probier es doch mal, lass Dich drauf ein, es schmeckt super“.

Jedoch reichen hier Standartkonzepte nicht immer aus, hier sind Kreativität und Individualität gefragt. Nur weil ein Event green ist, heißt es nicht, dass es das klassische Öko-Konzept und -Image haben muss. Die Zielgruppen ändern sich und auch die Ausrichtung und das Konzept eines Events müssen trotzdem individuell sein. Man kann und soll einen eleganten Gala-Abend auch nicht zum Natur-Erlebnis wandeln. Jedoch gilt es die einzelnen Gewerke umzudenken, nach Einsparmaßnahmen und zielgruppenorientierten Alternativen zu suchen. Beispielsweise die Nutzung von Ökostrom oder hocheffizienten LEDs – davon wird ein Event inhaltlich nicht weiter berührt. Problematischer wird es unter anderem im Messebau oder der Location-Ausstattung, wo die Brandschutzauflagen sehr hoch sind und viele Materialien chemisch behandelt sein müssen. Wenn man sie schon nicht weiter oder wieder nutzen kann, kann man bedruckte Planen z.B. zu Taschen verarbeiten und an Fans verteilen oder verkaufen. Die optimale Lösung ist es nicht, aber eine Möglichkeit Materialien wiederzuverwerten anstatt sie einfach weg zu werfen. Am besten ist es natürlich auf Einweg-Material wie Flyer, Programmhefte, einmalige Messebauanfertigungen, Merchandise-Artikel, Banner nach Möglichkeiten zu verzichten. Gute Alternativen sind beispielsweise Touch-Screens mit Informationen, USB Sticks, mobile Apps oder wie eben beschrieben die kreative Nutzung gebrauchter Materialien.

Jacob Bilabel hat sehr schön und konkret herausgestellt, dass Nachhaltigkeit nicht bedeutet jedem Event ein Öko-Image nach Standardanleitung (grüne Deko, Tee & Teller aus Maisstärke) zu verpassen oder den Gästen auf Biegen und Brechen den Verzicht aufs Auge zu drücken. Green Events bedeutet genau hinzusehen, alles zu hinterfragen – ist das wirklich notwendig, gibt es Alternativen? Und nicht zuletzt bedeutet es kreativ zu sein und Green Events genauso individuell, zielgruppengerecht und nachhaltig zu gestalten!

Grüne Dienstleistungen brauchen Nachhaltigkeit als Unternehmensphilosophie

Warum das? Als Event-Agentur muss man doch einfach nur wissen, wie man ein Green Event umsetzt, denkt ihr jetzt vielleicht.

Aber wie wir von Jacob Bilabel wissen, brauchen nachhaltige Konzepte nicht selten Kreativität, man muss sich in die Gäste hineinversetzen und passende, individuelle und nachhaltige Konzepte entwickeln. Klar gibt es sicherlich ein paar Basis-Ansätze, wie u.a. Öko-Strom. Aber nicht jedes Event eignet sich z.B. für Programminformationen über mobile Apps. Hier und an vielen anderen Stellen muss man sich immer wieder neu und individuell auf ein Event, auf die Zielgruppe einstellen und kreative Alternativen finden. Wie gut kann das funktionieren, wenn man selbst ganz anders handelt – den Computer jede Nacht an lässt, Plastiklöffel für seinen Kaffee nutzt oder überhaupt kein offenes Ohr für nachhaltige Entwicklungen und Produkte hat? So entstehen keine kreativen und nachhaltigen Event-Ideen! Und die braucht man, die eigenen Erfahrungen und Umsetzungsstrategien aus dem Alltag, im Büro oder zu Hause. Nicht zuletzt braucht man diese eigene Überzeugung um Vorbild zu sein, aber auch um diese Konzepte als Event-Agentur oder Event-Dienstleister glaubhaft, mit Erfahrung und Begeisterung zu verkaufen.

Wolfgang Gutberlet von der tegut… Gutberlet Stiftung & Co. fasste es in einem Satz schön zusammen: „Nachhaltiges Denken führt zu nachhaltigem Handeln“! Was nutzt es, wenn man als Unternehmen grüne Tagungen veranstaltet, die Mitarbeiter hinter den Kulissen aber so weiter machen wie immer und Ressourcen verschwenden. So wird umweltfreundliches Engagement nie wirklich funktionieren, so fördert man Oberflächlichkeit und nicht zuletzt Greenwashing in Form einmaliger Aktionen. Jeder im Betrieb muss verstehen und nachvollziehen können, warum man als Unternehmen etwas tut und diese Überzeugung mitleben, sich am „großen Ganzen“ beteiligen. Auf die Erfahrungswerte, die Ideen und die Unterstützung jedes Einzelnen ist man bei einem so komplexen und wichtigen Thema wie dem Umweltschutz angewiesen!

Für weiterführende Infos und Gründe für die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit als Unternehmensphilosophie, kann ich den folgenden Artikel von Karsten Kilian empfehlen!

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