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Kritik & Praxisbeispiele – greenmeetings und events Konferenz Nachbericht Teil 2

Von Katharina Stein 8.3.2013 ~9 Minuten Lesezeit

Im zweiten Teil des Nachberichtes zur greenmeetings und events Konferenz möchte ich auch ein paar kritische Aspekte nennen, die die Referenten Jacob Bilabel und Dr. Große Ophoff in ihren Workshops angesprochen haben. Doch wer kritisiert, muss auch aufzeigen, wie man es besser machen kann – und das haben beide mit Praxisbeispielen getan, von denen ich ebenfalls eine kleine Auswahl weitergeben möchte.

Hört endlich auf Nachhaltigkeit als Verzicht zu verkaufen

Ganz zu Beginn der greenmeetings und events Konferenz stellte Frau Petra Hedorfer neben einer Vielzahl anderer Zahlen eine Statistik vor, die besagte, dass ca. 70% der Event-Besucher bereit wären im Sinne der Umweltfreundlichkeit auf etwas zu verzichten. Ein gutes Signal? Das sieht Jacob Bilabel, Gründer der Green Music Initiative, ganz und gar nicht. Dieser Ansatz des Verbotes oder Verzichts funktioniert einfach nicht! „Haben wir bewusst darauf verzichtet das Fax nicht mehr zu nutzen?“, fragte er in seinem Workshop. „Nein, es gab eine bessere Alternative: Emails.“ Als Nachhaltigkeits-Berater von Festivals und Großveranstaltungen hat er bereits viel ausprobiert, um Menschen dazu zu bewegen z.B. ihren Müll wieder mitzunehmen oder zu trennen. „Doch Verbote und Regeln haben nicht gewirkt!“, sagt er aus Erfahrung. Wir müssen Anreize und bessere Alternativen schaffen.

Die Konferenzbranche tut sich besonders schwer

Auch unter den Besuchern der greenmeetings und events hat Jacob Bilabel eine eher negative, verzichtsorientierte Haltung und „Altherrenmuffigkeit“, wie er es nannte, beobachtet. Gerade in der Konferenzbranche hört man Menschen besonders häufig sagen: Unsere Kunden wollen das nicht oder nehmen das nicht an. „Ich möchte nicht hören, was alles nicht geht!“, findet Jacob Bilabel. Wenn er mit Festivals und Bands zusammen arbeitet, die z.B. ihre Tour möglichst nachhaltig gestalten möchten, dann packt man das Thema an und überlegt, was man wie ändern kann. Man bedenke, dass auch die Bands und Festivals dabei ein kommerzielles Interesse haben. Da sagt keiner, dass er für die Nachhaltigkeit gerne auf 10.000 Besucher verzichtet. Das muss Hand in Hand gehen und es ist möglich. Man muss es nur wollen und nicht immer nach Gründen suchen, die dagegen sprechen.

greenmeetings-events-ophoffFür mehr positives, proaktives und selbständiges Nachdenken plädierte auch Dr. Große Ophoff. Wie kann es z.B. sein, dass ein Hotel, das mehrere Gäste anlässlich einer Green Konferenz beherbergt, den Fernseher im Zimmer anlässt, um den Gast auf dem Bildschirm zu begrüßen? Da braucht es kein Zertifikat und kein Fachwissen, nur ein bisschen Menschenverstand und Willen!

Verbesserungspotential der greenmeetings und events

Auch zur greenmeetings und events selbst gab es ein paar Kritikpunkte. Jacob Bilabel fragte sich z.B., warum wieder mal Taschen an die Teilnehmer verschenkt wurden, die zu Hause wahrscheinlich früher oder später weg geworfen werden? Warum können Lanyards nicht von solcher Qualität sein, dass ich sie zu Hause auch wirklich nutze? Niemand will seine Schlüssel an einem günstig produzierten Band mit etlichen Logos darauf rumtragen!

greenmeetings-events-bilabelNachhaltigkeit heißt für ihn aber nicht nur Handeln, sondern auch Informieren. Beim Catering der Abendveranstaltung hat es ihm an solchen Informationen gemangelt. Natürlich muss ein Catering entsprechend gut und in ausreichenden Mengen vorhanden sein. Aber was ist mit dem vielen Essen, das übrig geblieben ist, passiert? Wird es z.B. an eine Tafel gegeben? Oder wird es doch weg geworfen? Warum wird darüber nicht informiert?

Doch nicht, dass wir uns falsch verstehen – neben diesen Kritikpunkten, die absolut konstruktiv gemeint sind, ist die greenmeetings und events meiner Meinung nach eine durchweg gute Initiative sowie ein gut gemachtes Format, keine Frage!

Vor allem mit so mitreißenden Referenten, wie unter anderem Jacob Bilabel und Dr. Große Ophoff – die, auch wenn es hier den Anschein erweckt, nicht mehrheitlich kritisieren, sondern für das Thema begeistern! Unter anderem mit zahlreichen positiven und inspirierenden Beispielen, die zeigen, dass nachhaltiges Handeln nicht alleine von Fachwissen abhängt, sondern auch viel von Einfallsreichtum!

Praxisbeispiele für nachhaltiges Handeln

Müll vermeiden, trennen, wiederverwenden oder mitnehmen:

Zelte-Festival

  • Positive Anreize schaffen ist das Stichwort, das bei diesem Beispiel gut verdeutlicht wird! Das Problem: nach dem Wacken Festival bleiben nicht selten über 10.000 Zelte auf dem Gelände zurück – zerstört und einfach nur müllreif. Doch alle Versuche die Festival Besucher dazu zu bewegen die Zelte mitzunehmen, waren vergeblich oder zumindest nur zum Teil wirksam. Auch der Müllpfand, den man bei Abgabe von Müll zurück bekam, brachte nicht den gewünschten Erfolg. Denn es blieb trotzdem noch genug Müll übrig, der eingesammelt und mühsam getrennt werden musste. Das war eher doppelte Arbeit. Die neueste Idee ist die Zelte während des Festivals mit jährlich wechselnden Schablonen zu besprühen. Ähnlich wie die Festival Eintritts Bändchen, die teils noch Jahre lang am Handgelenk als Trophäe behalten werden, sollen die Zelte eine für die Zielgruppe wichtige Wertigkeit bekommen – man versucht einen positiven Anreiz zu geben, die Zelte nicht kaputt zu machen und sie wiederzuverwenden.
  • Bei einem holländischen Festival hat man versucht mithilfe eines 3D Druckers Müll zu sammeln und zu trennen. Gegen eine entsprechende Menge Plastik, an einer Station abgegeben, konnte man sich von einem 3D Drucker etwas drucken lassen.
  • Messe- und Eventaustattung kann man zum Teil wiederverwenden. Alte Messeplanen zum Beispiel als Taschen. Bevor man etwas weg wirft, vielleicht einfach mal überlegen, was man noch damit machen könnte. Verkaufen kommt genauso in Frage!
  • Auf einer MTV Veranstaltung versuchte man ebenfalls Altem neuen Nutzwert zu geben. Es wurde eine Stanze zur Verfügung gestellt, mit der man aus alten Kreditkarten Plektrons stanzen konnte.

Ein durchaus berechtigter Einwand im Workshop von Jacob Bilabel hierzu war, dass mit solchen Mitteln am Ende doch aus Müll neuer Müll produziert wird. Stimmt irgendwie schon. Wenn man jedoch die Nutzungsdauer verlängern kann, ist das besser als gar nichts. Müll von Anfang zu vermeiden, ist natürlich das erste Ziel. Aber wenn das nicht geht, dann kann man es doch zumindest re- oder auch upcyceln.

Selbst Strom produzieren:

  • Eine Idee, einerseits die Wertschätzung gegenüber Ressourcen zu erhöhen und andererseits benötigten Strom selbst zu produzieren, ist die Fahrrad Disko. Nur wenn genügend Menschen Fahrradfahren, gibt es genug Strom für den DJ – es ist ein Geben und Nehmen! Auf der greenmeetings und events wurde diese Idee mit einer Ladestation für Smartphones in ähnlicher Weise eingesetzt.
  • Solaranlagen sind für Sommer-Events eine Möglichkeit Strom selbst zu produzieren. Große Tribünen oder Flächen bieten sich dafür an. Aktuelles Problem ist, wie an vielen anderen Stellen auch, die Speicherung des Stroms. Bislang wird z.B. auf dem Melt Festival der über Solaranlagen produzierte Strom eingespeist und über normale Wege wieder bezogen. Hevorzuheben ist dabei, dass das Melt Festival an der Stelle nicht aufhört weiterzudenken – nach dem Motto: geht halt nicht anders, dann nicht. Die Veranstalter überlegen und versuchen zusammen mit der Green Music Initiative auch für dieses Problem eine Lösung zu finden und arbeiten gemeinsam daran!

Auf wirklich Notwendiges beschränken:

  • Ganz klassisch sind die Messe- und Konferenztüten, die man zum Abschluss in die Hand gedrückt bekommt. Sowohl der Inhalt, meistens etliche Werbeprospekte, als auch die Tasche selbst, sind von Beginn an zumeist für den Müll produziert. Hierauf kann tatsächlich getrost verzichtet werden – denn es bringt auch keinem was! Wenn schon, dann sollten solche Taschen zum einen wirklich nutzbar sein – keine großen Logos und für den Alltag nützlich, z.B. Jute-Taschen für den Einkauf! Zum anderen sollten sie nur die aller wichtigsten Prospekte beinhalten – sofern man überhaupt davon ausgehen kann, dass es wichtige Dinge gibt, die jeden interessieren. Prospekte oder Werbeflyer sollten man sich nach Interessen frei aussuchen können, wenn man hierfür keine besseren Alternativen findet.

Vegetarisches Catering geht nicht? Geht doch!

  • Vegetarisches Catering nehmen Event-Gäste nicht an? Doch! Wenn das vegetarische Essen lecker ist! Das Problem besteht vielmehr darin, dass deutsche Köche nicht lernen vegetarisch zu kochen, so Dr. Große Ophoff, der hierzu von einem erlebten Beispiel erzählte. In der Kantine des Zentrums für Umweltkommunikation ermittelte man ca. 10% Vegetarier und verkaufte zunächst in etwa auch so viele vegetarische Gerichte. Doch nachdem sich die Köche bewusst weitergebildet haben, das vegetarische Angebot überarbeitet und kurzum leckerer wurde, stieg der Anteil der verkauften vegetarischen Speisen auf über 40%!

Gemeinsam mehr erreichen:

    • Der eine oder andere hat schon mal von Smart Mobs oder Carrotmobs gehört. Die Green Music Initiative hat eine adaptierte Version für Clubs ins Leben gerufen: den Clubmob. Vielleicht kann man das ja irgendwie auch für Events oder Locations einsetzen – so als kleine Anregung.

onsabrueck-gruen-tagen

  • Manche Angebote, wie z.B. das vergünstigte und „grüne“ DB Ticket für Events ist nicht für jede Veranstaltung erhältlich. Ist man als einzelnes Event oder einzelne Location zu klein, kann man sich doch mit anderen zusammentun! So ein Konzept hat z.B. Osnabrück initiiert und umgesetzt. „Grüner tagen in Osnabrück“ heißt das Projekt in dem sich verschiedene, regionale Anbieter aus der Kongressbranche zusammen getan haben. Ob es um das vergünstigte DB Ticket geht oder Leihfahrräder, Elektro-Busse für den Transfer, regionale Produkte in Locations und Hotels – alles Angebote dieses Projekts – zusammen lässt sich so etwas viel leichter stemmen! Bei regelmäßigen Treffen der Mitglieder werden einzelne Maßnahmen und Vorhaben vorgestellt, über Nachhaltigkeit diskutiert und gemeinsam neue Konzepte entwickelt. Grundbedingung für die Mitgliedschaft ist eine Unterzeichnung des fairpflichtet Kodex.

Für weitere Anregungen und Beispiele kann ich die Facebook Seite der Green Music Initiative empfehlen.

 

Fazit

Für ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit gibt es keine Standardrezepte und nach wie vor viele ungelöste Herausforderungen. Erste Anleitungen in Zusammenhang mit Zertifikaten helfen da natürlich. Auch die greenmeetings und events ist unserer Meinung hier eine große Bereicherung. Aber am Ende sind eine proaktive und positive Einstellung, Überzeugung, Engagement und ganz viel Mitdenken die aller besten Unterstützer! Der Anfang mag nicht leicht sein, aber wenn wir uns darauf einlassen, macht das auch Spaß, bekommt mit der Zeit eine Eigendynamik und bringt am Ende auch einen großen Wettbewerbsvorteil! Das ist ein Gewinn, kein Verzicht!

» Zum 1. Teil des Berichts zur greenmeetings und events Konferenz

» Fotos der greenmeetings und events 2013

Fotos der Konferenz: Henning Stein, eveosblog.de
Foto Zelte: flickr / Gavin Lynn

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