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Green Events – Facts und Fiction

Von Wolf Rübner 3.11.2010 ~4 Minuten Lesezeit

Der Klimawandel rückte Ende der 60er Jahre in den Blickpunkt, als Astronauten die Erde vom Weltraum aus fotografierten. Die atemberaubende Schönheit unseres Planeten und seine zerbrechliche Hülle – die Atmosphäre – schufen ein neues Weltbild und veränderten unser Bewusstsein.

Ein Kommentar von Wolf Rübner, EventCampus

Eine unbequeme Wahrheit

Rund 40 Jahre später erreichte die Klimaschutz-Debatte unter dem Stichwort ‚Green Meetings‘ auch die Messe- und Veranstaltungswirtschaft. Die Unternehmen als Auftraggeber und Veranstalter diskutieren ihre gesellschaftliche Verantwortung unter dem Begriff der Corporate Social Responsibility. In diesem Zusammenhang geht es um Nachhaltigkeit von Produktion, Konsum und Entsorgung von Gütern. Nachhaltigkeit im Sinne von Substanzerhalt beinhaltet ökonomische, ökologische, soziale und kulturelle Aspekte. Ökologische Nachhaltigkeit bedeutet primär die Reduktion von klimaschädlichen Treibhausgasen.

Veranstaltungen produzieren durch die enorme Reise- und Transportvolumen besonders viel CO2. Ein Anachronismus war die gescheiterte Weltklima-Konferenz in Kopenhagen im Dezember 2009 mit 16.500 Teilnehmern aus 192 Staaten.

Facts – der Stand der Dinge

Die Aktivitäten und Initiativen der Marktteilnehmer erreichen mittlerweile eine erfreuliche Dynamik und Breite. Dies führt allerdings auch zu einer Unübersichtlichkeit, auch zu kritischen Fragen: Was hat Substanz, was ist nur Etikett? Wer ist glaubwürdig oder nur ein Trittbrettfahrer? Wie funktioniert CO2-Reduktion? Was kann man selber tun? Schauen wir zuerst den Akteuren der Branche über die Schulter:

Die Verbände der Veranstaltungswirtschaft (DeHoGa, EVVC, FAMAB, GCB, IHA, VDR, vplt) unterscheiden sich sehr stark in ihrem Engagement: ein Leuchtturm ist der GCB. Er hat das Thema sehr früh besetzt und fungiert seitdem als Taktgeber der Diskussion. Man findet Orientierung und praktische Umsetzungshilfen wie z.B. einen CO2-Rechner.

Die weitere subjektive Best-Practice-Auswahl des Autors: authentisch ist die Agentur pro event als erste klima-neutrale Agentur Deutschlands. GREENCO2MM ist Bestandteil des Agentur-Portfolios und kein ökologisches Feigenblatt. Im Messebau überzeugt das Engagement von Atelier Damböck durch das eigene Beispiel nachhaltiger Betriebsführung. Das Angebot nennt sich Greenstands.

In der Hotellerie engagieren sich Privathotels als auch die Hotelketten. Das MARITIM Bonn hat im Sommer 2010 gleich zwei Zertifizierungen erhalten. Der EVVC und die Organisation Green Globe haben dem Hotel herausragende Standards bescheinigt. Als Location bietet das ZUK Zentrum für Umweltkommunikation in Osnabrück ein ganzheitliches Konzept für eine nachhaltige Tagung. Das beginnt beim Gebäudemanagement und endet beim Bio-Catering.

Es braucht aber auch Auftraggeber, die bereit sind, ggf. für Nachhaltigkeit extra zu bezahlen. Ein Beispiel unter vielen ist die Deutsche Telekom, die erstmals 2009 auf der CeBIT einen klima-neutralen Messestand präsentierte.

Die Zertifikate – es fehlt an Transparenz

Mittlerweile werden zahlreiche Zertifizierungen von überwiegend internationalen Organisationen angeboten. Das erschwert es, den substanziellen Gehalt zu beurteilen, also insbesondere den Wert eines solchen Zertifikats. Was wird bescheinigt? Wie hoch sind die Anforderungen? Werden die Standards regelmäßig überprüft? Der EVVC hat sich mit Green Globe verbündet. Sie bietet eine gute Grundlage für die Umweltschutz-Norm ISO 14000. Nachteil ist, dass diese Norm einfach zu erfüllen ist. Mit der britischen Norm BS 8901 steht eine event-spezifische Norm vor der weltweiten Einführung. Sie gilt jedoch als bürokratisch und orientiert sich an Großveranstaltungen.

Die Stellschrauben

Der Dreiklang heißt Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren. Für das Eventmanagement stellt sich eine zusätzliche Aufgabe: Die Analyse, wo und wie man CO2-Emissionen gar nicht erst entstehen lässt oder sie doch zumindest verringern kann. Grundsätzlich kann man an fünf Stellschrauben die CO2-Bilanz verbessern.

  • Den allgemeinen Energieverbrauch der Veranstaltung senken, z.B. durch den Einsatz von LED-Technologie
  • Die Mobilität der Teilnehmer optimieren, z.B. durch Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel
  • Die Unterbringung in energie-optimierten Hotels bzw. die Belegung von energie-optimierten Locations
  • Die Verpflegung der Teilnehmer unter Verwendung regionaler Produkte
  • Müllvermeidung und sachgerechte Entsorgung von Abfällen

Eine praktische Anleitung liefert der Leitfaden des Bundesumwelt-Ministeriums.

Fiction – klima-neutrale Events

Dies ist nun wirklich eine Fiktion und wird es bleiben, weil eine Veranstaltung nicht emissions-frei sein kann. Über die Kompensation, einer Ausgleichszahlung für Aufforstungsprojekte, kann man sich ein gutes Gewissen erkaufen. Die moderne Version des von Luther angeprangerten Ablasshandels, der die Kassen der Katholischen Kirche füllte. In unserem Fall zeigt der „grüne Daumen“ zwar nach oben, aber man muss eine vertrauenswürdige Institution finden. Ein Anbieter ist z.B. die Bonner ForestFinance Group mit ihrem Angebot Co2OL. „Klima-neutrale“ Tickets bieten übrigens die Deutsche Bahn und die Lufthansa gegen Aufpreis an.

Fazit

Die Branche ist auf einem guten Weg, insbesondere weil es entlang der Wertschöpfungskette zahllose Initiativen gibt. Es braucht allerdings auch Auftraggeber, die diese Angebote honorieren. Eigentlich gehörte in jedes Messe-/Event-Budget ein Etat für Nachhaltigkeitskosten. Aber wir wollen ja nicht übertreiben.

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